Sardiniens wilder Westen: Bergbau, Dünen und Offroad-Abenteuer
Wild, teilweise verfallen und verlassen – so präsentierte sich uns Sardiniens südlicher Westen. Hier gibt es viel zu entdecken und zu erforschen. Gefällige touristische Infrastruktur findet man kaum, dafür aber Orte, deren Vergangenheit nicht zu übersehen ist: Da sich der Bergbau vielerorts nicht mehr zu lohnen scheint, sind verlassene Ruinen zurückgeblieben. Dies macht den morbiden Charme einer Gegend aus, die als Set für einen Wildwestfilm dienen könnte.
Nach einem entspannten Aufenthalt im südlichen Chia und einer erlebnisreichen MTB-Tour im dortigen Hinterland setzten wir unseren Road-Trip fort. Wir folgten dem Tipp unseres Reiseführers Wohnmobil-Guide Sardinien* und parkten in Nebida, um zur in den Berg gehauenen Bar Al Operaio 906 zu spazieren und bei einem Drink eines der beliebtesten Fotomotive der Westküste, den Pan di Zucchero, zu bewundern. Auf der Fahrt entlang der bergigen Küste ergeben sich fast nach jeder Kurve atemberaubende Ausblicke, meist ist es jedoch schwierig anzuhalten, um diese zu genießen oder zu fotografieren.
Sympathisches Buggerru
Unser nächstes stationäres Ziel war Buggerru. Ein Städtchen mit Bergbau-Charme. Auch wenn ein Teil des Tagbaubetriebs offenkundig eingestellt wurde, wird trotzdem noch am Hang im Hintergrund der Stadt gegraben. Der Ortskern selbst ist sehr ursprünglich: eine kleine Markthalle, ein paar wenige Cafés bzw. Restaurants, eine Bäckerei/Konditorei und ein winziger Supermarkt. Am Stadtstrand tummeln sich vor allem die Schüler des örtlichen Surfcamps.
Zwischen Buggerru und Portixeddu
Wir fuhren weiter, um uns den Stellplatz zwischen Buggerru und Portixeddu anzusehen: nicht viel mehr als ein Parkplatz, ohne WC und das zu einem stolzen Preis von € 15,- pro Tag. Dieser wird offensichtlich bereitwillig bezahlt, denn der schöne Strand ist ein beliebter Wellenreitspot. Alternativ wäre es möglich, direkt neben der stark befahrenen Straße zu nächtigen, aber das behagte uns nicht. Daher checkten auch wir am überteuerten Stellplatz ein. Uns wurde ein Parkplatz auf einer Terrasse zugewiesen, die bereits von 2 Vans belegt war. Hier wird wirklich kein Platz verschwendet und man steht dicht an dicht.
Der Surfspot war es jedoch wert: gute Wellen und eine fotogene Steilküstenkulisse! Neben der Beachbar befindet sich die Hütte des Surfclubs mit einer komfortablen Dusche und niemand hat sich beschwert, dass wir diese genutzt haben. Nach einem Grillabend mit unserem Skotti* zogen wir uns in den ersten Stock unseres Zuhauses zurück und genossen den farbenprächtigen Sonnenuntergang mit einem Glas* Wein in der Hand vom Ausguck unseres Hochdaches aus.
Weingläser-Tipp: Wer eine unzerbrechliche Variante sucht und Haptik und Geruch von Plastikgläsern nicht mag, sollte sich die Edelstahlgläser* ansehen. Wichtig: vor erstem Gebrauch einmal über Nacht mit Wein stehen lassen, damit der Metallgeruch weniger wird. Ganz bekommt man den Geruch nicht weg, aber der Geschmack ist nicht beeinträchtigt, wie dies bei Plastikgläsern der Fall ist, UND der Wein bleibt lange kühl. Fazit: insbesondere für Weißwein und Prosecco top!
Zur geheimen Bucht mit dem MTB
Bereits bei der Hinfahrt hätten wir versucht, bei der Cala Domestica einen Parkplatz zu ergattern, um diesen Strand, der berühmt für seinen „Geheimgang“ zu einer zweiten Bucht ist, zu besichtigen. Keine Chance!
In einem unserer beiden MTB-Führer, MTB Guide Sardinien (Rotter-Verlag)*, entdeckten wir eine Tour, deren Teilstück genau die Strecke von Buggerru in die Cala Domestica abdeckt und auf Wegen abseits der Straße führt. Somit war es klar: wir würden diese Besichtigung bzw. diesen Badeausflug mit einer kurzen MTB-Tour kombinieren. Unsere Badesachen nahmen wir im Evoc-Enduro-Bikerucksack* mit, der einen eingearbeiteten Rückenprotektor besitzt (schützt die Wirbelsäule im Falle eines Sturzes vor Verletzungen infolge etwaiger harter, eingesteckter Gegenstände). Die Tour haben wir auf unsere GPS-Navi-Uhr von Suunto* geladen.
An dieser Stelle sei gesagt: Sowohl die Tour in Chia als auch diese Kurztour weisen ziemlich steile Streckenabschnitte auf. Wir hatten ja vor unserem Urlaub überlegt, ob wir die MTBs oder E-MTBs mitnehmen sollten. Erstere sind leichter, weniger empfindlich und auch weniger begehrt bei Dieben. Wir haben uns aber für zweiteres entschieden und haben es nicht bereut. So streut man auch in ein dichteres Tour-Programm eher mal eine MTB-Tour ein, da man danach weniger Regenerationszeit braucht und auch die Strecke in kürzerer Zeit zu bewältigen ist.
Im Ort Buggerru gings auf einem schmalen, sehr steinigen Weg direkt die Steilküsten hinauf, dann über ein Hochplateau. Am Weg entdeckten wir hoch oben auf der Steilküste 2-3 aussichtsreiche Stellplätze, die auch in Park4Night verzeichnet sind. Die Aussicht ist toll, aber ohne Strandzugang bzw. Bademöglichkeit keine Option für uns, da wir den Surfspot nutzen wollten.
Gerne senden wir dir den von uns via Suunto-Uhr* aufgezeichneten GPX-Track dieser kurzen aber landschaftlich schönen MTB-Strecke von Buggerru in die Cala Domestica. Hinterlass‘ uns einfach eine Nachricht via Kommentarfunktion!
Einkaufsbummel in Buggerru
Nach unserem Ausflug in die Cala Domestica und einem weiteren Surftag in Buggerru verließen wir diesen Ort, nicht ohne uns zuvor in der Markthalle mit Fisch und Fleisch für unseren nächsten Grillabend mit unserem Skotti-Grill* einzudecken. Im Surfladen erstand Günther einen Badeponcho. Ein Tipp ist die kleine Bäckerei-Konditorei-Gelateria: das Brot aus Hefeteig ist eine willkommene Abwechslung zum üblichen Brot, das Eis schmeckt und die dort erhältlichen Marmeladen aus Mirtillo (Myrthe) oder Feige mundet zu Käse.
Unbefestigte Straßen und Furten entlang der Costa Verde
Die nun folgende Costa Verde ist eine der ursprünglichsten Küstenabschnitte Sardiniens. Die Straßen dort werden absichtlich nicht asphaltiert. Man fährt kilometerlang über Staubstraßen und um zum Strand von Piscinas zu gelangen, gilt es außerdem, eine Furt zu überwinden. Achtung: diese Straßen sind ganz regulär in der Straßenkarte eingezeichnet, sie sind auch blau beschildert wie normale Landesstraßen. Große Wohnmobile haben wir hier keine gesehen, nur Bullis und Kastenwägen. Es lohnt sich, die Beschreibungen im Wohnmobil-Guide Sardinien* zu lesen, damit man weiß worauf man sich einlässt und keine Leerkilometer macht.
Wer es abenteuerlich und ursprünglich mag und gerne ein bisschen durchs Gelände fährt, der wird diese Gegend lieben! Der Rio Piscinas schlängelt sich durch eine Sand- und Steinwüste, helle Sanddünen am Meer verschmelzen mit den roten Felsen und den dahinterliegenden Bergen zu einer Kulisse, die einem Wildwestfilm gerecht werden würde. Den in Park4Night angegebenen Stellplatz suchten wir vergeblich. Auf dieser Suche zweigten wir mehrmals ab und mussten umkehren, weil die Piste mit unserem Heckfahrradträger, der keine steilen Rampenauffahrten erlaubt, nicht passierbar war. Nachdem wir den Träger einmal regelrecht in einen Erdhügel gebohrt hatten (der stabile, E-Bike-taugliche Thule-Träger* hat es überstanden!) gaben wir auf und parkten am Parkplatz der Spiaggia di Piscinas.
Dünen-Wüste und Strand von Piscinas
Wir standen in einer lockeren Reihe mit anderen Bullis, Geländefahrzeugen mit Aufbau und Kastenwägen, unsere Ausgangsluke auf die weitläufigen Dünen gerichtet. Ein Gefühl, wie in der Wüste. Herrlich! Die Nacht war sternenklar, Tierspuren am nächsten Tag gaben uns Rätsel auf (Wölfe?) und wir waren uns einig: dieser Ort vermittelt ein Gefühl von Freiheit!
Der Strand und die Strandbar in Piscinas mit ihren Bast-Sonnenschirmen muteten im Licht der untergehenden Sonne hingegen wie aus einem Urlaubsprospekt an. Das ruhige Meer in Piscinas lädt zum Schwimmen ein, der Strand ist weitläufig genug für diverse Strandspiele, wenn man welche dabei hat. Wir verbrachten einen unserer schönsten Badetage hier!
Am gebührenpflichtigen Parkplatz wird man darauf hingewiesen, dass man über Nacht bleiben kann, Campingverhalten jedoch nicht erwünscht ist. Wir handhabten es so, dass wir unseren Skotti-Grill* zwar zum Einsatz brachten (schließlich hatten wir frischen Fisch gekauft), jedoch alles sofort wieder wegräumten. Einige Wohnmobilisten hingegen verhielten sich wie auf einem Campingplatz. Es bleibt zu hoffen, dass solches Verhalten nicht bald zu Verboten führt.
Wir überlegten, ob wir eine weitere Nacht in Piscinas verbringen sollten. Da wir jedoch gehört hatten, dass es Richtung Funtanazza weitere schöne Freisteh-Spots – auch mit der Möglichkeit, wellenzureiten – geben soll, brachen wir auf. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte.
Unsere erste Reifenpanne
Als wir uns in der Nähe von Portu Maga einen freien Stellplatz ansahen, hörten wir aus einem unserer Reifen ein verdächtiges Zischen! Wir hatten uns einen Platten gefahren! Was bei der Herumkurverei in Piscinas nicht passiert war, war jetzt hier unweit der Straße eingetreten. Wir vermuteten, dass entweder Glasscherben oder ähnliches unserem Reifen zugesetzt hatten. Falls es ein Stein war, muss dieser sehr spitz gewesen sein.
Wir parkten auf einem Parkplatz neben der Straße, um uns erstmals mit Bordwerkzeug, Wagenheber und Bedienungsanleitung auseinanderzusetzen. Da sich das Reserverad unterhalb des Autos befindet, musste zuerst der Radträger entfernt und das Auto vorerst hinten leicht angehoben werden, damit man die Aufhängung des Reserverades öffnen konnte. Dann vorne aufkurbeln und Rad wechseln. Im Teamwork schafften wir dies erstaunlich schnell. Ich hatte die angenehmere Aufgabe, die Schritte aus der Anleitung vorzulesen, Günther den schweißtreibenden Part.
In Google hatte ich bereits einen 13 km entfernten Gommista ausfindig gemacht. Den Bildern nach, schien es eine größere Werkstatt zu sein. Sie lag nicht auf unserer beabsichtigten Route, wir verließen die Costa Verde also früher als geplant.
In der Werkstatt sprach man nur italienisch, was aber kein Problem für uns war. Der Reifen war schnell repariert, die Werkstatt groß, sauber und vertrauenserweckend. Unser Bulli war innerhalb zwei Stunde nach Schadensereignis wieder flott gemacht!
Schafherden und rauer Wind am Reiskornstrand Is Arutas
Da es keinen Sinn machte, wieder die gesamte bergige Strecke an die Costa Verde zurückzufahren, peilten wir Is Arutas an. Eigentlich stand der Reiskornstrand nicht auf unserer „Liste“, wir waren gespannt.
Wir hatten gelesen, dass Is Arutas früher ein Eldorado für Freisteher war, dass es jetzt aber kaum mehr möglich sei. Das können wir nicht bestätigen. Wir fuhren den langen Strandabschnitt entlang, vorwiegend wieder auf nicht asphaltierten jedoch ebenen Straßen (auch für größere Womos tauglich) und fanden mehrere Möglichkeiten zum Freistehen. Wir blieben schließlich an einem Ort, den wir uns nur mit einem weiteren Dachzelt-PKW teilten.
Leider war der Großteil des Reiskornstrandes zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit unansehnlichem Seegras überdeckt. Obendrein war es recht windig. Da der Tag sich bereits dem Ende neigte, blieben wir jedoch und wurden Zeugen, wie ein Schafhirte seine Herde mit Geländewagen und Hunden „hütete“. Wir befürchteten, dass er uns vertreiben würde, jedoch gab er nicht zu erkennen, dass wir hier unerwünscht seien, also blieben wir.
Stellplatzgebühr: ein halber Laib Schafkäste
Bald am Morgen wurden wir durch Klopfen an der Scheibe aufgeweckt. Überzeugt, nun eine Rüge zu kassieren, sprang ich in meinen Jogger und öffnete die Tür. „Formaggio del proprietario?“ tönte mir eine Stimme entgegen. Da konnte ich nun wirklich nicht nein sagen, noch dazu, wo mir der Schafkäse-Verkäufer beteuerte, dass der Käse „superlecker“ sei. So kaufte ich ein bisschen unüberlegt und von schlechtem Gewissen gesteuert über 2 kg Käse. Zum Glück stellte er sich tatsächlich als außerordentlich schmackhaft heraus! Zuhause teilten wir ihn in Stücke und hatten ein köstliches Souvenir.
Wenn du wissen möchtest, wo genau wir in Is Arutas standen, schreib uns via Kommentarfunktion und wir lassen dir die GPS-Daten zukommen.
Traumkulisse am Capo Mannu
Für unser Frühstück wollten wir einen heimeligeren Platz suchen und landeten schließlich am Capo Mannu. Das wäre auch ein toller Stellplatz für die Nacht gewesen! Wir standen auf einer Erhöhung gegenüber einem Sarazenenturm, unter uns eine Bucht, in der ein Schnorchler seine Runden zog. Nach dem Frühstück und einem Spaziergang zum Turm taten wir es ihm gleich und erkundeten einmal mehr die Unterwasserwelt.
Dieser Platz am Capu Mannu ist nicht so leicht zu finden. Gerne senden wir dir die GPS-Daten. Schreib uns einfach einen Kommentar!
Stadtbummel in Bosa und Nacht am Agricampeggio
Unsere drei Wochen im Wohnmobilparadies Sardinien waren nun fast abgelaufen. Als letzte Station hatten wir uns das bunte Städtchen Bosa vorgenommen. Es liegt etwas landeinwärts am Fluss Temo, kurz vor dessen Mündung ins Meer. Zum Übernachten bietet sich der Stadtparkplatz oder alternativ eines von zwei Agricampeggi an, die ca. 5 km nordöstlich der Stadt liegen. Wir checkten im Agricampeggio Mattagiana ein, suchten uns einen Platz ganz oben auf der Wiese, direkt neben dem Schafgatter, fuhren aber zum Besichtigen wieder weg.
Nachdem wir durch Bosas Straßen flaniert waren, den Sonnenuntergang mit Blick auf die Stadt bis ans Meer vom Castello aus bewundert hatten und in einer Pizzeria direkt am Fluss gegenüber dem Stadttor eingekehrt waren, kehrten wir zum Bauernhof zurück. Es war bereits ca. 22 Uhr, aber man hatte uns zuvor versichert, dass dies kein Problem sei. Wir verbrachten eine erholsame Nacht „am Bauernhof“ unter klarem Sternenhimmel, so dass wir am nächsten Tag ausgeruht unsere Heimreise antreten konnten.
Letzter Aufenthalt: Cala Sassari
Da unsere Fähre erst um 20:00 Uhr von Golfo Aranci ablegte, legten wir an der schönen Cala Sassari, rund 5-10 Minuten von Golfo Aranci entfernt, eine mehrstündige Badepause ein. Diese Bucht bietet sich als erster oder letzter Stopp an, wenn die Anreise über Golfo Aranci erfolgt. Wir hatten den Eindruck, dass man am Strandparkplatz auch übernachten könnte, zumindest außerhalb der Saison. Die Strandbar Don Pedro ist ebenfalls empfehlenswert, der Besitzer bedient seine Gäste mit Witz, Charme sowie mit Getränken und ausgezeichneten Speisen. Da wir wenig Bargeld dabei hatten, bekamen wir Cappuccino und Sprizz kurzerhand zum Sonderpreis und obendrein noch eine Kostprobe an Antipasti.
Ein würdiger Abschluss unserer Reise durch Sardinien, eine Insel, die uns freundlich empfangen und einen unvergesslichen Urlaub beschert hat.
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Ich bin’s nochmal, kann gar nicht aufhören bei Euch zu lesen😀Is Arutas und Capu Mannu würden mich die Koordinaten auch interessieren. Was mir da einfällt, ich habe noch nie Koordinaten im VW Navi eingegeben, funktioniert das ?
Freut uns sehr :-)! Auch diese Koordinaten hast du eben per Mail erhalten. VW Navi (T 6.1): Koordinateneingabe funktioniert nicht wirklich (man kann nur auf die Karte klicken, dann werden die Koordinaten angezeigt und man kann sich annähern, einen Menüpunkt zum Eingeben der Koordinaten haben wir nicht gefunden). Wir fahren mit Handy/GoogleMaps/Carconnect wenn wir Koordinatenangaben folgen.