Freiheit pur – am Tagliamento, dem König der Alpenflüsse

Das Kanaltal kennt wohl jeder, der von Kärnten nach Italien reist. Zugegeben: sonderlich attraktiv sieht es von der Autobahn betrachtet, nicht aus. Und doch beherbergt es eine der beeindruckendsten Flusslandschaften Europas: die des Tagliamento im Bereich der Fella-Mündung – einem vielbesuchten Paddelrevier, das auch mit lohnenswerten Wander- und MTB-Wegen aufwarten kann. Dieser Abschnitt des Tagliamento stellt daher einen interessanten Ausgangspunkt für einen Aktivurlaub dar. Ein Urlaub, bei dem man sich frei fühlen darf. Frei am Ufer des Königs der Alpenflüsse: des Tagliamento.

Eigentlich hatten wir bereits eine fertige Reiseplanung für den französischen Jura ausgearbeitet und die Abreise dorthin stand eine Woche bevor. Doch der Wetterbericht für Ende Mai/Anfang Juni sagte für Frankreichs Nordosten sehr unwirtliches, kühles Regenwetter voraus. Für einen Outdoor-Aktivurlaub denkbar ungeeignet.

Auf die Schnelle ein Ersatzprogramm gezaubert …

Da ein Verschieben des Urlaubs aus terminlichen Gründen nicht in Frage kam, musste eine wetterbeständigere Region gefunden werden, die ähnliche Outdoorsport-Optionen bieten würde.  Die europäische Großwetterlage und ein Blick in den Kajakführer „Italien“ von Alfons Zaunhuber* ließen die Entscheidung zugunsten zweier Flüsse in Norditalien ausfallen: Tagliamento und Piave.

… , das uns mit unglaublichen Plätzen überraschte

So schlugen wir also im Mai 2024 mit drei VW-Bussen unser Lager direkt am Tagliamento auf einem „Strandparkplatz“ auf, den wir in Park4Night gefunden hatten. Tagsüber, vor allem am Wochenende waren wir bei weitem nicht alleine am Fluss: viele Einheimische fanden sich in den kleinen Parkbuchten ein, um einen Bade- und Picknicktag hier zu verbringen. Je später die Stunde wurde, desto einsamer wurde das Flussufer, bis schließlich nur mehr eine Handvoll VW-Busse bzw. Vans übrig blieben, die hier frei am Ufer des Tagliamento nächtigen wollten.

Der Platz in der Nähe von Ospedaletto übertraf all unsere Erwartungen! Vor uns der türkise Fluss in seinem weit verzweigten Schotterbett und dazu der Blick auf die Berge und nachts boten ein beleuchteter Kirchturm und darüber das Sternenzelt eine ebenso eindrucksvolle Kulisse. Unsagbar schön!

Wer von uns die Koordinaten dieses Platzes haben möchte, kann uns gerne einen Kommentar dalassen. Wir ersuchen aber ausdrücklich (!): wenn ihr diesen Platz nutzt (nur in der Nebensaison und nur mit Van, keine Womos!, Allrad von Vorteil), verhaltet euch defensiv und ruhig, freundlich gegenüber den einheimischen Badenden und haltet die Natur sauber, damit noch viele andere die Schönheit dieser Flusslandschaft so eindrucksvoll erleben können, wie man dies nur vermag, wenn man an einem Ort sein Lager unter freiem Himmel aufschlagen kann. Es ist mittlerweile sehr selten geworden, dass das frei Campieren in unseren Breiten geduldet wird, umso mehr sollte man dies zu schätzen wissen und alles tun, um solche Plätze wie hier am Tagliamento zu erhalten.

Der eine oder andere mag sich nun denken: „Dann sollen diese Blogger doch die Plätze nicht verraten.“ Aber erstens entspricht es nicht unserem Denkmuster, das eigene Wohlergehen (denn das wäre ja das Motiv) über alles zu stellen und zweitens vertrauen wir in die Leserinnen und Leser unseres Blogs. Wer sich mit dem Reisen intensiv auseinandersetzt und den Aktivitäten frönt, die auch wir lieben, der ist kein Mensch, der seinen Müll hinterlässt und sich allzu geräuschvoll oder unpassend verhält. So jemand bringt dem Land, das er bereist, sowie dessen Bevölkerung größte Wertschätzung entgegen.

Aktivitäten am Tagliamento

Wir verbrachten vorerst vier Nächte auf diesem Platz und nutzten diesen als Basislager für zwei Kajaktouren am Tagliamento und eine MTB-Tour zum Monte Festa. Als das Wetter schlechter wurde, legten wir einen Besichtigungstag in Venzone ein und fuhren nach einem kurzen, verregneten Zwischenstopp an der Prosecco-Straße (empfehlenswert: Verkostung und Einkauf bei der Kellerei Nani Rizzi) weiter an die Piave.

Die Piave stellt ein ebenso lohnenswertes Paddelrevier dar, das ebenfalls im Buch „Die schönsten Kanutouren in Norditalien“ von Alfons Zaunhuber* beschrieben ist. Wir haben drei Kajaktouren auf der Piave unternommen und standen dort ebenfalls direkt am Fluss. Zu Paddeltouren und Stellplatz an der Piave ist ein eigener Blogbeitrag in Vorbereitung, ebenso wie zu all den anderen einzelnen Aktivitäten. Der vorliegende Artikel stellt gewissermaßen die Einleitung und den Überblick dar.

Nochmaliger Besuch vor der Heimreise

Günther und ich haben das frei sein am Tagliamento so genossen, dass wir vor unserer Heimfahrt noch einmal für einen Abend an dessen Ufer Station machten.

An diesem Tag waren wir, nachdem die Badegäste den Fluss verlassen hatten, die einzigen, die am Tagliamento übernachteten. Ausgerechnet in dieser Nacht wurden wir von einem äußerst seltsamen Geräusch geweckt. Die Geräuschquelle musste sich in nächster Nähe unseres Bus befinden! Es klang wie ein metallisches Knarzen. Günther meinte außerdem, er höre Schritte. Und wenn dies einer dieser seltsamen Gasangriffe war, die auf Camper verübt werden? Würden wir in Kürze in Ohnmacht sinken? Wir hatten zwar einen Gaswarner* für den Zigarettenanzünder, aber natürlich hatten wir ihn nicht bzw. eigentlich noch nie eingesteckt.  

Eine Weile verharrten wir wie versteinert im ersten Stock unter dem Aufstelldach. Irgendwann löste ich mich aus meiner Schockstarre und begann klar zu denken. Auch wenn es nicht so klang, musste das Geräusch einen natürlichen Ursprung haben. Ich googelte „Seltsame Tierstimmen in der Nacht“ und bekam tatsächlich eine Liste mit Tierstimmen inklusive Hörbeispielen angezeigt. Eine davon brachte eine Übereinstimmung: sie gehörte zu einem Siebenschläfer, der, wenn er Gefahr wittert, solche Laute abgeben soll.

Wer sich da nun mehr gefürchtet hat – wir oder der Siebenschläfer – das sei dahingestellt 🤣!

Am nächsten Tag brachen wir zur Heimfahrt auf und statten am Weg dem nahen Örtchen Gemona mit seiner Kirche vor der Felskulisse einen Besuch ab.

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