Paddeltour am Piave, einem faszinierenden Fluss mit vielen Gesichtern
Nachdem uns dieser Urlaub bereits zwei herrliche Paddeletappen am Tagliamento beschert hatte, waren wir gespannt, ob der nächste Fluss, den wir ansteuern wollten, uns ebenfalls derart epische Eindrücke bieten würde. Und der Piave enttäuschte uns nicht! Auf drei Etappen haben wir mehrere Seiten des Flusses kennengelernt: Stromschnellen bei Hochwasser, die uns zügig an Steilwänden vorbei trugen, türkise Flussarme im weit verzweigten Schotterbett und als Zugabe noch ein Unwetter.
Wenn der Tagliamento der König der Alpenflüsse ist, könnte man den Piave eventuell als seinen Kronprinzen bezeichnen. Denn der 220 km Fluss ähnelt aufgrund seines breiten, verzweigten Flussbetts und seines normalerweise türkisenen Wassers stellenweise dem Tagliamento.

Auf die Idee, den Piave in unsere Reiseplanung aufzunehmen, brachte uns das Buch „Die schönsten Kanutouren in Norditalien“ von Alfons Zaunhuber*. Weitere Informationen und eine genaue Flussbeschreibung holten wir uns auf flusswandern.at von Steve, dem Flusswanderer. Letztere hatten wir auch im Boot dabei – wasserdicht beschichtet mithilfe unseres Laminiergeräts*.
Wir entschieden uns für folgende Etappen:
- Etappe Busche – Fener (ca. 20 km, Pegelstand 180 cm, Hochwasser)
- Etappe Belluno – Busche (ca. 25 km, Pegelstand 149)
- Etappe Fener – Stellplatz Grave in Falzè di Piave
Hochwasseralarm! Zwei Regentage ließen den Pegel steigen
Bevor wir unsere erste Paddeltour am Piave antreten konnten, hatten wir zwei Regentage zu überbrücken. Günther und ich besuchten die nahe Proseccostraße (siehe Blogbeitrag über die Dolomiti Bellunesi), Axel und HWS erwanderten sich auf einem Naturlehrpfad in der Nähe des Stellplatzes Grave eine Wolfssichtung. Nach zwei Tagen Schnürlregen war allerdings der Pegelstand des Flusses bedenklich angestiegen!
Da wir in der Nähe des Flusses am Stellplatz Grave nächtigten, konnten wir uns selbst ein Bild davon machen: Der Piave zeigte sich wahrlich nicht von seiner besten Seite! Das Hochwasser (Pegeltand 180 cm) hatte das Schottersediment aufgewühlt und das türkise Wasser in eine braune Brühe verwandelt. Nicht sehr verlockend für eine Paddeltour! Einen weiteren Tag zu warten, war jedoch keine Option. Denn es war die letzte Gelegenheit für HWS, zumindest eine Tour am Piave zu unternehmen, da sein Urlaub früher endete.
Hinein in die braunen Fluten
Also shuttelten wir einen unserer VW-Busse zum Wehr von Busche, unserer ersten Einsetzstelle. Unter dem Wehr schossen die Wassermassen hervor, die man aus dem aufgestauten Lago di Busche abließ. Die sich bildenden Wellen schlugen ans Flussufer, es bot sich uns ein respekteinflößender Anblick, der leichte Anspannung aufkommen ließ.




Beherzt setzten wir trotzdem unsere Boote unterhalb des Wehrs ein und los ging’s. Das Hochwasser färbte den Fluss nicht nur braun, sondern sorgte auch für eine hohe Fließgeschwindigkeit. Ohne viel Zutun lasen wir phasenweise auf unserer Suunto Uhr* nie gemessene Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 23 km/h ab. Die Steilwände, bewaldeten Berghänge und Dörfer zogen schneller an uns vorbei, als uns lieb war. Nach nur 1:40 Stunden hatten wir unser Ziel, Fener, nach 20 km Fahrt erreicht.
Erste Etappe: Busche – Fener
Schade, dass die beeindruckende Landschaft bei grauem Himmel auf unseren Fotos (wir verwenden die wasserdichte, stoßfeste Olympus Tough*) nicht besser zur Geltung kam. Der Abschnitt Busche – Fener ist jedenfalls einen zweiten Anlauf in einem anderen Jahr wert!




Als „Entschädigung“ dafür erfuhren wir aber, wie es sich anfühlt, auf einem Fluss bei Hochwasser zu paddeln. Üblicherweise ist ein solches Unterfangen nicht ungefährlich, vor allem wenn ein Fluss Engstellen durchfließt, die bei reißender Strömung zu schwer passierbaren Hindernissen werden können. Der Piave jedoch war aufgrund seines breiten Flussbetts diesbezüglich eher ungefährlich. Eine Kenterung wäre dennoch nicht angebracht gewesen, denn eine derart starke Strömung birgt das Risiko, weit abzutreiben und eventuell das Boot zu verlieren. Glücklicherweise ist nichts passiert!
Entspannt am Lagerplatz
Als wir uns an diesem Abend an unserem Lagerplatz am Wehr von Busche niederließen, machte sich Erleichterung und Entspannung breit. Selbst durch die Kontaktaufnahme zweifelhafter Herren, die offensichtlich „Anschluss“ suchten, ließen wir uns nicht aus der Ruhe bringen. Wir richteten an diesem Flussparkplatz, den wir in Park4Night gefunden hatten, eine Wagenburg mit unseren drei Bussen ein und hatten während der weiteren vier Tage, die wir hier verbringen sollten, keine Probleme mit Passanten, Polizei oder jungen Männern auf „Bräutigamschau“.


An den nächsten beiden Tagen war der Himmel noch immer wolkenverhangen. Da wir unsere nächste Paddeltour am Piave nicht erneut bei Hochwasser absolvieren und den Fluss unter Normalbedingungen kennenlernen wollten, entschlossen wir uns dazu, zwei MTB-Touren zu unternehmen, statt zu paddeln. Axel begleitete uns auf der ersten MTB-Tour in den Dolomiti Bellunesi, am zweiten Tag jedoch stieg er aufs Rennrad um, um einige Passstraßen zu bezwingen.
Etappe zwei: Belluno – Busche
Nach zwei Pausetagen schien die Sonne endlich wieder und wir waren bereit für die nächste Etappe am Piave: circa 25 Kilometer von Belluno bis zum Wehr von Busche. Es war nicht leicht, in Belluno eine Einsetzstelle zu finden. Am Flussufer gegenüber dem Ortskern befanden sich Einfamilienhäuser mit Parkverbotsschildern davor. Wir bauten unsere Boote auf einem leeren Wiesengrundstück auf und parkten unseren Bus danach an der Ortseinfahrt auf einem großen gebührenpflichtigen Parkplatz (dort allerdings Wasserentsorgung und -versorgung möglich!). Den zweiten Bus hatten wir am Wehr von Busche zurückgelassen, am Parkplatz des Kiosks in der Nähe unseres Übernachtungsplatzes.


Der Pegel war auf 149 m gesunken, was nicht mehr Hochwasser, sondern Mittelwasser entsprach. Die Sedimente waren noch nicht gänzlich abgesunken, daher hatte der Fluss seine türkise Farbe noch immer nicht zurückbekommen. Trotzdem wirkte die Szenerie im vieles freundlicher als drei Tage zuvor. Obwohl nördlich der letzten Etappe, also dem Alpenhauptkamm näher gelegen, waren die Flussufer diesmal nicht von Steilhängen gesäumt, die Berge bzw. Hügel befanden sich in einiger Entfernung des Flusses.


Auf einer der zahlreichen Schotterbänke inmitten des verzweigten Flusslaufes legten wir eine Pause ein. Unsere Freude über den sonnigen Tag war nur von kurzer Dauer. Dunkle Wolken schoben sich über die Berge in Richtung Fluss. Innerhalb kurzer Zeit wurde es deutlich kühler und ziemlich dunkel. Es war klar, dass wir dem Regen nicht entrinnen können würden, daher zogen wir Neoprenanzug*, bzw. –jacke* und –mantel* an. Wir fuhren den Wolken entgegen und sozusagen gegen die Windrichtung unter ihnen durch. Als wir in Busche bei der Ausstiegsstelle, dem Lago di Busche vor dem Wehr, ankamen, schien die Sonne wieder vom Himmel.




Erneuter Regentag mit Ersatzprogramm
Da das Wetter noch immer unbeständig war, legten wir erneut einen Pausetag ein, bevor wir die dritte und letzte Piave-Tour in Angriff nahmen. Eigentlich wollten wir an diesem Tag eine MTB-Tour auf den Monte Cesen, und zur Malga Mariech, unternehmen und fuhren zum Startpunkt der Tour nach Pianezze Avventure, über Valdobbiadene, hoch. Im Tal starteten wir mit kurzer Hose und ärmellosem Shirt, aber dort oben war es dermaßen kalt und nebelig, dass wir beschlossen, gleich mal in Gastwirtschaft auf Pianezze einzukehren – in der Hoffnung, der Nebel, der über dem Berg hing, würde sich verziehen. Leider wurde diese Hoffnung nicht erfüllt. Wir hatten nicht die geringste Lust, im Nebel herumzufahren.
So brachen wir unser Vorhaben ab und besichtigten stattdessen das Städtchen Feltre. Bis dato waren wir immer nur vorbeigefahren und hatten die alten Stadtmauern auf dem Hügel von weitem gesehen. Der historichen Altstadt auf dem Hügel haftet etwas Verschlafenes an. Man sieht jedoch Zeichen des Aufbruchs: Häuser werden renoviert, vermutlich sieht man im Tourismus eine Chance, den Dornröschenschlaf zu beenden. Näheres im Blog-Artikel über die Dolomiti Bellunesi.


Etappe drei: Fener – Stellplatz Grave in Falzè di Piave
Auf dieser Etappe zeigte sich der Fluss von einer anderen Seite: die Berge hinter sich gelassen, floß er nunmehr durch eine weitgehend flache Landschaft. Wiesen, Auwälder, Buschwerk und kleine Städtchen säumten das breite Schotterbett, in dem die verzweigten, türkisen Arme sich ihren Weg suchten. Landschaftlich haben uns die anderen Etappen besser gefallen, trotzdem hat das Paddeln in diesem Labyrinth seinen Reiz.




Einen unserer Busse hatten wir an der Ausstiegstelle, einem großen Parkplatz in der Nähe des Stellplatzes, der von Badenden genutzt wird, geparkt. Nach dem Rückholen des anderen Autos von Fener checkten wir erneut bei Paola, am Stellplatz Grave, ein. Dort hatten wir bereits während der ersten Regenperiode eine Nacht verbracht und wir wussten bereits um das Procedere, an der Fensterscheibe zu klopfen und den Schlüssel für den Schranken zu holen. Paola drückte uns diesmal eine Speisekarte einer nahen Pizzeria in die Hand, die auf den Stellplatz zustellt. Da wir mal Lust auf etwas anderes als selbst Gegrilltes hatten, kam uns diese Option gerade recht.

Wenn ihr geplant habt, den Piave zu befahren, können wir euch gerne die GPX-Tracks per Mail senden, mit deren Hilfe ihr die Einsetzstellen bzw. Parkmöglichkeiten besser nachvollziehen könnt. Dazu einfach unten einen Kommentar dalassen.
Über die Gegend rund um den Piave und den Tagliamento gibt’s noch mehr von den Zugvögeln zu lesen: Geheimtipp Dolomiti Bellunesi, Freiheit pur am Tagliamento, Paddeltouren am Tagliamento und Monte Festa weitere Inputs.
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