Sardiniens Norden: die Gallura von Olbia bis Stintino

Sardiniens Norden ist vermutlich die am meisten bereiste Region der Insel. Die Landschaft der Gallura ist von bizarren Granitformationen geprägt, die oftmals nach den Tieren benannt sind, denen sie ähneln. Das vorgelagerte Eiland La Maddalena sorgte gleich zu Beginn unserer Reise für ein Highlight. Nach dem Besuch einiger malerischer Buchten an der Costa Paradiso sowie des Windsurfspots Vignola Mare fanden wir auf der Halbinsel Stintino einen atemberaubenden Übernachtungsplatz an der Steilküste.

Spiaggia Monti d'á Rena
Spiaggia Monti d’á Rena auf La Maddalena
Abstecher ins Landesinnere

Da wir in beiden Reiseführern (Wohnmobilguide Sardinien* und Sardinien mit dem Wohnmobil*) gelesen hatten, dass die Orte der Costa Smeralda zwischen Olbia und Palau Wohnmobilisten nicht wohlgesinnt ist, beschlossen wir, diese einfach auszulassen. Wir nahmen die Straße via San Pantaleo und erreichten nach einem rund einstündigen Abstecher durch die Berge bei Palau erneut die Küste. Im Bergdorf San Pantaleo mit seinen Künstlerateliers und Cafés legten wir eine kurze Pause ein. Die Planung derartiger Abstecher fiel mithilfe der Reisekarte von Reise-Know-How* besonders leicht.

Überfahrt nach La Maddalena

Rund zwei Stunden, nachdem wir die Fähre verlassen hatten, schifften wir erneut ein, um zur Insel La Maddalena zu gelangen. Die Fotos, die wir von diesem Archipel in Sardiniens Norden gesehen hatten, versprachen wunderschöne Strände, so dass wir die relativ teure Überfahrt (hin und retour € 75,-) in Kauf nahmen. Wir wurden in der Tat nicht enttäuscht! Auf La Maddalena fuhren wir zuerst nach Westen und sahen uns ein paar Strände und den Campingplatz Abbatoggia an. Es war relativ windig und erschien uns wenig einladend. Also setzten wir unsere Rundfahrt fort und entdeckten schließlich durch Zufall in Form einer Fahne am Straßenrand (die Bandiera Blu markiert besonders schöne Strände) die Abfahrt zur Spiaggia Monti d’á Rena. Dieser Strand war nach unserem Geschmack! Zwei kleine Lagunenseen, daneben eine Sanddüne und bizarre Granitformationen im Hintergrund. Dazu ein Strandparkplatz, der ein Stück abseits der Straße liegt.

Spiaggia Monti d'á Rena
Spiaggia Monti d’á Rena auf La Maddalena
Nervenkitzel beim ersten Freistehen

Wir verbrachten einen schönen, ersten Strandtag in dieser Bucht und nahmen an, dass einige der parkenden Wohnmobile wohl auch die Nacht hier verbringen würden. Doch je mehr sich der Tag dem Ende neigte, desto leerer wurde der Parkplatz, bis unser Bus schließlich das letzte verbleibende Fahrzeug war. Wir standen am Rand des Parkplatzes, mit der Schiebetür dem Meer zugewandt. Das Abendessen bereiteten wir uns im Bus zu, danach setzten wir uns mit einem Gläschen Wein (und unseren unzerbrechnlichen Weingläsern*) direkt vor unser Wohnmobil, um möglichst wenig Campingverhalten an den Tag zu legen und nur den Eindruck eines parkenden Autos zu erwecken. Zugegebenermaßen war uns nicht sehr wohl bei unserer ersten „freien Übernachtung“!

Spiaggia Monti d'á Rena

Die Bucht lag nun dunkel, unheimlich und einsam vor uns. Es dauerte nicht lange, bis wir seltsame Geräusche aus der Richtung des Lagunensees vernahmen, die wir nicht zuordnen konnten. War es ein Tier oder doch ein Mensch, der sich näherte?

Aber damit nicht genug! Ein Auto bog von der Straße auf den Parkplatz ab und schaltete einige Meter von uns entfernt die Schweinwerfer aus. Wir rätselten, ob dies eine Polizeistreife in Zivil sei und wagten nicht mehr, auch nur einen Mucks zu machen. Da jedoch weiter nichts zu hören war, woraus man schließen konnte, dass jemand aus dem Auto stieg, vermuteten wir, dass es sich um ein Liebespaar handelte. Tatsächlich verließ das Auto den Parkplatz nach gut einer halben Stunde wieder. Fürs erste hatten wir aber nun genug Nervenkitzel: wir packten unsere Stühle weg und schliefen im Untergeschoß unseres Busses, da wir uns nicht mehr trauten, das Dach aufzuklappen.

In Park4Night war nachzulesen, dass es an diesem Strand in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Jahreszeiten zu Kontrollen und Strafen wegen Wildcampens gekommen war. Aber wir hatten Glück: es passierte nichts und nach dem Frühstück und einem Morgenbad fuhren wir weiter.

Schöner kann auch die Karibik nicht sein

Die auf Google ersichtliche Topografie der Halbinsel Capo Testa del Polpo (Tintenfischkopf) versprach nicht nur ausnehmend schöne Strände, sondern auch Möglichkeiten zum Freistehen in Form von zahlreichen Parkbuchten und Parkplätzen. Daher nahmen wir die Rumpelpiste über Stock und Stein auf uns und fuhren bis zum letzten Parkplatz, der von PKWs, VW-Bussen und Kastenwägen bereits gut belegt war. Fahrern größerer Wohnmobile war die Zufahrt wohl zu beschwerlich. Wir kletterten zwischen den runden Granitblöcken umher und fanden schließlich einen schönen Badeplatz auf einem Stein. Das Wasser war türkisblau wie in einem Swimmingpool, wohin man auch blickte! Wir waren verzaubert und uns einig: die Karibik kann nicht schöner sein! Wir schwammen, schnorchelten und erkundeten das Kap per pedes. Der Sandstrand direkt beim Tintenfisch-Felsen war klein und überbevölkert – da hatten wir mit unserem exklusiven Badeplatz auf dem Stein wirklich Glück gehabt.

Der „Parkplatz“, den wir uns bei unserem Spaziergang für die Nacht ausgesucht hatten, schnappten uns zwei Kastenwägen weg. Eine weitere Stelle am Meer war nur über einen sehr unwegsamen Pfad mit spitzen Steinen erreichbar. Ich legte ein Veto ein, da ich Angst um unsere Reifen hatte. Ein Schweizer Bulli-Kollege war mutiger und überwand die unwegsame Abfahrt. Somit blieb uns nur eine Parkbucht neben der Straße, von der das Meer – im Gegensatz zum größeren Parkplatz – immerhin zu sehen war. Die umgebende Macchia wurde von der untergehenden Sonne wunderschön beleuchtet. Als ich etwas später auch den Nachthimmel fotografieren wollte, hörte ich Grunzlaute im Dunkel: Wildschweine! Schnell sprang ich wieder in den Bus! Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass die sardischen Schweinchen wesentlich kleiner sind, als deren Verwandte in unseren Breiten. Angst ist also nicht angebracht, aber den Müllsack sollte man abends tunlichst nicht im Freien lassen!

Unsere Fotorucksäcke* erwiesen sich bei allen Aktivitäten – nicht nur beim Fotografieren – als praktische Begleiter. Aufgrund des geringen Gewichtes und ihrer Rückenbelüftung wurden sie bei Wanderungen, Strandspaziergängen und Fotosafaris auch bei warmer Witterung nie unbequem.

Kurzer Besuch im Surf-Mekka

Am nächsten Morgen zogen Wolken auf und wir überlegten, ob wir die geplante Kajaktour zur Nachbarinsel Caprera antreten sollten oder lieber nicht. Ein Anruf eines Freundes, der spontan ebenfalls nach Sardinien gereist war und sich mit uns treffen wollte, erleichterte uns die Entscheidung. Nach einem kurzen Bummel durch den sehenswerten Hauptort der Insel verließen wir La Maddalena wieder.

Dem Surfer-Hotspot Porto Pollo in Sardiniens Norden statteten wir nur einen kurzen Besuch ab. Die Bedingungen für das Windsurfen in der zweigeteilten Bucht schienen zwar gut zu sein, der Campingplatz erwies sich aber als überfüllt und ziemlich weit entfernt vom Surfspot, so dass man das Equipment weit schleppen muss. Ein ebenfalls vorhandener Stellplatz weist keine Infrastruktur auf, was zwar nicht das Problem gewesen wäre, verfügte aber über keinen guten Einstieg ins Meer. Wir würden Besseres (siehe Surfspots) finden!

Costa Paradiso Teil 1

Am Nachmittag erreichten wir den Campingplatz La Liccia, den wir als Treffpunkt mit unserem Freund vereinbart hatten. Der Platz liegt direkt neben der Straße und erstreckt sich über einen Hügel, auf dessen Anhöhe man das Meer sehen kann. Allerdings gibt es kaum Stellplätze mit Meerblick. Der Strand ist zu Fuß in ca. 10 Minuten erreichbar. Leider war zum Zeitpunkt unseres Besuches sehr viel Seegras am Ufer, ansonsten war es ein schöner Strand.

Nach dem Strandbesuch verbrachten wir einen launigen Abend in unserer Wagenburg am Campingplatz. Am nächsten Tag legte Günther eine Surf-Session in Vignola Mare (siehe Surfspots) ein und wir besuchten die schönen und nahezu menschenleeren Strandbuchten Lu Littaroni und Monti Russu am Costa Paradiso genannten Küstenabschnitt in Sardiniens Norden. Da wir zum Abendessen einen Tisch in einem Agriturismo reserviert hatten, nutzten wir nach dem Strandnachmittag die Außendusche unseres VW California und bekamen dabei erneut Besuch von Wildschweinen, die bei Tageslicht überhaupt nicht mehr furchteinflößend wirkten.

Typisch sardisches Abendessen

Das Agriturismo-Restaurant Tegghja liegt auf einer Anhöhe mit Blick auf das Meer und – da wir rechtzeitig an Ort und Stelle waren – einen atemberaubenden Sonnenuntergang. Das Menü ist fix und besteht aus typischen sardischen Speisen: Antipasti, danach zwei Pastagerichte, dann das Hauptgericht: das langsam gegarte bzw. gegrillte Milchschwein Porceddu (fett, aber geschmacklich gut und außen knusprig). Eigentlich waren wir bereits vor dem Dessert mehr als satt, trotzdem wollten wir die Seadas – Teigtaschen mit Käse und Honig – unbedingt kosten. Wirklich lecker, aber keine leichte Kost! Unser Fazit: wer es einrichten kann, sollte unbedingt mindestens einmal in einem Agriturismo einkehren und das Tegghja ist dafür eine exzellente Adresse!

Bereits bei der Tischreservierung hatten wir gefragt, ob wir nach dem Essen am Parkplatz übernachten dürfen, was uns gestattet wurde.

Costa Paradiso Teil 2: Cala Li Cossi

Am nächsten Tag wollten wir auf die Halbinsel Stintino zur Spiaggia Pelosa fahren, die überall als Traumstrand beschrieben war und mit Sarazenen-Turm und türkisblauem Wasser in vielen Sardinien-Prospekten abgebildet ist. Doch zuerst stand am Vormittag noch eine kurze Wanderung zur Bucht Cala Li Cossi, ebenfalls eine der Schönheiten Sardiniens, am Programm. Der Fußmarsch dauert vom sehr kleinen Parkplatz (früh am Vormittag da sein!), der sich in der Feriensiedlung Porto di Costa Paradiso befindet, rund 20-30 Minuten, der Weg ist gut befestigt und leicht begehbar. Trotzdem schadet gutes Schuhwerk nicht. Die Cala Li Cossi erinnerte uns an die Landschaft in Winnetou-Filmen: ein Bach mündet zwischen steilen rötlichen Felswänden in einen Lagunensee hinter dem Strand, das Wasser in der Bucht vermischt sich mit dem des Baches und schimmert smaragdgrün. Allerdings war der kleine Strand bereits am Vormittag dicht bevölkert. Wir genossen die Landschaft nur kurz und machten uns nach einem Bad wieder auf den Weg retour.

Auf der weiteren Fahrt stoppten wir noch in Valledoria. An diesem Strand ist es möglich, sowohl im Meer als auch in der Mündung des Flusses Coghinas zu kiten oder zu surfen. Wir schauten den einigen wenigen Surfern zu, kletterten auf den hohen Dünen herum, entschieden uns aber gegen einen längeren Halt, da uns der Strand La Pelosa lockte.

Stintino: erst mal pfui, dann sehr hui!

Aber welch Enttäuschung! Das muss hier klar und deutlich gesagt werden: sogar in der Nebensaison, in der wir andere Strände menschenleer vorgefunden haben, war La Pelosa rappelvoll und ein absolutes Negativbeispiel des Massentourismus. Die Parkplätze waren mit Kurzpark-Automaten ausgestattet, was ja grundsätzlich ok ist. Als wir aber am Strand zumindest das obligatorische Foto machen wollten (ohne uns niederzulassen), fragte uns ein Wächter ziemlich unfreundlich, ob wir ein Band hätten. Wir hatten natürlich keines. Anscheinend zahlt man für diesen Strand Eintritt!  Das war uns entgangen. Aber das war auch egal, denn wir hatten die Lust komplett verloren und suchten das Weite. Es gibt andere Strände mit Sarazenentürmen in Sardinien, die ebenfalls schön sind.

Da es bereits später Nachmittag war, zweifelten wir stark daran, hier in dieser touristischen Gegend eine Stelle zum Übernachten zu finden. Jedoch wurden wir erneut überrascht, diesmal aber aufs Positivste! Wir konsultierten Park4Night und die App besagte, dass sich auf der anderen Seite der Halbinsel Stintino, also nicht mal 10 Autominuten entfernt, in Sichtweite des Dorfes unweit des Fußballplatzes, an der Steilküste ein Platz befände, der immer wieder von Wohnmobilen frequentiert wird. Die Zufahrt war steinig und die meisten Plätze bereits vergeben. Wir fuhren noch ein paar Meter weiter und fanden hinter einem Felsblock noch ein Plätzchen. Wir waren überwältigt. Schöner hatten wir uns einen Übernachtungsplatz in unseren kühnsten Urlaubsträumen nicht vorgestellt! Wir genossen die untergehende Sonne, einige Sundowner, machten zig Fotos und verbrachten eine ruhige Nacht unter dem Sternenhimmel. Den zahlreichen Faltern, die sich in der Dämmerung plötzlich in selbstmörderischer Absicht in unseren Camping-Weingläsern* ertränken wollten und in das Innere unseres Wohnmobils gelangten, kamen wir mittels elektrischer Fliegenklatsche* bei.

Wenn wir euch die Koordinaten dieses Platzes senden sollen, schreibt uns einfach mittels Kommentarfunktion!

Am nächsten Morgen wurden wir von Regentropfen geweckt. Die Schlechtwetterfront, die der Forecast angekündigt hatte und die im Westen eine Woche lang bewölktes und regnerisches Wetter bringen sollte, hatte uns erreicht. Wir beschlossen, Sardiniens Norden zu verlassen, die Insel zu queren und die Reise südlich von Olbia in entgegengesetzter Richtung fortzusetzen. Also auf in den Osten, auf nach San Teodoro!

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2 Antworten

  1. Julia Bürkle sagt:

    Hallo, ich interessiere mich für die Koordinaten für die Traumhafte Bucht in Sardiniens Osten zum Frei stehen. Vielen Dank

    • Christine sagt:

      Liebe Julia! Du bekommst gleich ein Mail mit den Koordinaten. Wir möchten jedoch betonen, dass es sich bei diesem Platz nicht um einen offiziellen Stellplatz handelt. Damals, als wir in der Nebensaison dort waren, schien es geduldet zu sein auf diesem Platz nahe der Strandbar über Nacht zu stehen. Wenn ihr dort seid, bitte beurteilt die Lage mit Feingefühl neu. Es könnte natürlich genauso gut der Fall sein, dass die Polizei kommt und Strafen verteilt.
      Wir wünschen euch eine gute Reise!

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